SHARING FIGURES

exhibition

 

13.- 20.10.17

Kasseler Kunstverein, im Sternhochhaus

 

Die Meinung, Wissen und Freiraum teilen, die Last teilen, einen Rat erteilen, Aufgaben zuteilen, Teilhaben und Teilnehmen – Wir reden über die verschiedenen Erscheinungsformen des Teilens, haben politische Debatten darüber, was wie verteilt werden soll, führen täglich Akte des Teilens durch und diese Ausführungen versteinern letztlich in soziokulturellen Verfasstheiten, also zu Traditionen, vermeintlich unverrückbaren Werten und Trennungslinien. Doppelhaushälften und Wohnblocks bezeugen monumental architektonische Manifestationen ehemaliger Neuordnungen und leiten heute die Handlungen von Akteur*innen mehr als anders herum, denn tatsächlich bewohnen wir ja in den meisten Fällen die Ruinen vorheriger Diskurse, anstatt sie niederzureißen und Neue zu bauen. Doch wie verhält es sich mit sozialen Monumenten?

Kathi Seemann choreografiert und konserviert in sharing figures immer wieder einstudierte oder aus der Situation improvisierte Sinnbilder sozialer Beziehungen. Die alltäglichen Ordnungen in Einheiten wie Familien, Freundschaften, Arbeitsgruppen und romantischen Paarbeziehungen unterliegen oft unartikulierten, undurchsichtigen Regeln des Privaten und Geheimen, die sie so wie Organigramme von Unternehmen exemplarisch öffentlich macht. Verantwortungs- und Machtverhältnisse, Vereinigungs- und Separationswünsche, Fürsorge- und Autonomiebestreben regeln das Teilen materieller Güter und ideeller Werte von Arbeit und im Allgemeinen des Jochs und der Freude der Existenz. Doch was ist verhandelbar und doch schon durch unsichtbare soziale Ruinen vorstrukturiert? Fluidität und Erstarren, Einschränkungen des sozialen

Bewegungsapparats und gegenseitige Abhängigkeiten, Bedrängnis, eine Momentaufnahme des Tanzes um Gerechtigkeit, schwingen in den Fotografien mit. Aus den menschlichen Akkumulationen werden halbwegs stabile Schichtmodelle, Mobiles, Rettungsinseln, chaotische Cluster, Schutzsuchende, die schematisch für die Millionen Iterationen* menschlicher Teilmodelle und Bezogenheit stehen. Ein Versuch unter vielen, festzuhalten, etwas von Dauer zu schaffen und dies mit der Zukunft zu teilen. Die abgewandten Gesichter entindividualisieren, so dass die In-dividuen (also die Unteilbaren) auf übertragener Ebene doch teilbar werden:

Als figürliche Platzhalter*innen in einem Gefüge, das maßgeblich in seiner speziellen Erscheinung auf genau jene Personen angewiesen ist und gleichzeitig vollkommen unabhängig jede andere Form annehmen kann. Die Umschlingungen ihrer Arme, die Drehung ihrer Rümpfe, das Einknicken und Stützen der Beine, das Lehnen und Festhalten, sowie das Nähern und Wegschieben sind Ausdruck eines bestimmten Körpers und einer universellen Geste, die beispielsweise mit Eleganz, Ernsthaftigkeit, Intimität, Kontrolle oder Vertrauen ausgeführt werden kann. So ist die Rolle der Einzelnen einerseits elementar und gleichzeitig irrelevant, sofern zugelassen wird, dass sich soziale Formen verändern. In ihrem Arbeitsprozess geht die Künstlerin methodisch strikt vor, sucht mit ihrer Subjektivität visuelle Anzeichen ihrer Forschung in der Alltagsoberfläche, oder schließt aus sich wiederholenden Mustern auf theoretische Zusammenhänge. In Reflektion ihrer Subjektivität nimmt sie Rahmensetzungen und Eingriffe vor. Sie untersucht die Verbindung von diskursiven Praktiken, also dem Reden über das Teilen, den nicht-diskursiven Praktiken, also die unkommentierten Handlungen des Teilens (denn nicht immer, wenn wir ein neues Bild auf Instagram teilen, reden wir auch darüber, dass wir es teilen) und der Vergegenständlichung, also z.B. den Häusern, die wir bauen. Diese Dispositive des Teilens erforscht sie auf theoretischer Ebene und in Interaktion mit anderen und schafft letztlich eine Materialisierung in Form der Fotografien. Diese sind einerseits diskursive Praxis als künstlerische Mitteilung als auch Vergegenständlichung einer unsichtbaren Entwicklungsgeschichte. Das kollaborative Zusammenkommen und der Prozess ist unteilbar verbunden mit dieser künstlerischen Setzung. Kathi Seemann lässt ihre Verhandlungspartner*innen und Interessierte immer wieder an ihrem Denken und Arbeitsstand in öffentlichen Veranstaltungen teilhaben und diese mitgestalten. Ihre Publikationen wurden Anlass und Anreiz über die eigene Position zu reflektieren: z.B. Was ist meine Rolle an meinem Arbeitsort? Welchen Platz nehme ich mehr oder weniger aktiv in einer Ausstellung ein? Wie beeinflusst meine soziale Inszenierung oder digitaler Mitteilung meine Freundschaften, Netzwerke und mein indirektes Umfeld? Und so ist auch das Schreiben dieses Texts dem Wunsch der Künstlerin verbunden, Teilhabe an der Arbeit zu ermöglichen. Die Preisgabe zur Verhandlung ist mutig und großzügig, weil sie die Künstlerin angreifbar macht und überhaupt erst Raum schafft für das Teilen und Verhandeln einer gemeinsamen Realität aus einer Vielheit verschiedener Perspektiven. So ist das vermeintliche künstlerische Monument doch fragil und ebenfalls gleichzeitig Manifest, es steht als einzigartige Mitteilung im sozialen und architektonischen Raum, seine Bedeutung und Resonanz ist aber ein Ausloten aller Beteiligten.

 

A. Jakubek

COMMONALITY

magazine & website

launch & discussion

 

Papiercafé

Kunsthochschule Kassel

 

14.07.17, 1pm

press text:

#sharingfigures

#commonality

#cyberspace

#urbanspace

 

I warmly invite you to launch the 2nd issue of „sharing figures“, a magazine published in line with my graduation-project. “Communality” broaches and compares the issue of “sharing” in urban and cyber space, with regard to privacy, commonality and the public. Architecture-photographs of different cityscapes are contrasted with an essay by Milena Albiez and Jörn Röder on „sharing“ in cyberspace. The presentation and a following open discussion

on the subject will take place during this year’s Rundgang on friday, 14th of July at Papiercafé, Kunsthochschule Kassel. All interested people are welcome to join the discussion!

 

Together with the magazine there will also be launched the website of the project, which archives and shares the work-process. The link will be announced soon.

 

facebook/Papiercafé/events/ commonality

https://www.kathiseemann.com

photos by Carolin Ludwig

CHATROOM

magazine/ launch/ exhibition

 

Stellwerk

Kulturbahnhof Kassel

 

launch: 21.04.17, 7pm

 

exhibition: 22./23.04.17, 12 -6pm

press text:

to like, to share, two chairs, two chatrooms

 

CHATROOM is the first of three publications initiated in line with Kathi Seemanns

graduation in visual communication. CHATROOM was formed in collaboration with the illustrator Carmen José and will be presented in a correspondent magazine launch and following exhibition in Stellwerk.

 

We warmly invite you to join this evening and launch the publication together. There will be free drinks, snacks and music. Feel free to bring along something to eat, to drink or just yourself.

 

Kathi Seemann studies photography and editorial design and co-founded the platform for self-publishing Papiercafé at Kunsthochschule Kassel. Her graduation project with the work-title “sharing studies”, deals with the image and use of the term “sharing” in different socio-cultural contexts.

 

http://www.stellwerkprogramm.de/

 

http://www.kassel-live.de/2017/04/21/magazin-release-im-stellwerk/

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